2. Mai 2018 : Tina
"Ich möchte Sie bei Ihrer guten Lobbyarbeit unterstützen", mit diesen Worten begrüßte der Landrat des Main-Taunus-Kreises, Michael Cyriax, am Mittwochnachmittag Vertreter der Bürgerinitiative
(BI) Wildsachsen und Langenhain "Kein Ultranet über Hofheimer Köpfen" und der BI NiederhausenEppstein "Kein Ultranet". Er hatte die Gegner der geplanten Höchstspannungs-GleichstromÜbertragungs
(HGÜ)-Trasse zwischen Osterath und Philippsburg, genannt "Ultranet", zu einem Gespräch eingeladen, um sich über deren Wünsche und Forderungen zu informieren.
Hintergrund: Die geplante Trasse führt mitten durch den Main-Taunus-Kreis und die Leitungen sind nur wenige Meter entfernt von der Wohnbebauung vor allem in den Hofheimer Ortsteilen Wildsachsen,
Langenhain, Diedenbergen und Marxheim sowie den Kommunen Hochheim und Flörsheim. Für das Ultranet sollen größtenteils bestehende Trassen verwendet werden, auf denen heute eine Wechselstromtrasse
verläuft. Dieser Hybrid-Betrieb, also Gleich- und Drehstrom auf einem Mast, ist weltweit einzigartig und seine Auswirkungen auf Mensch und Umwelt sind bisher völlig unerforscht. Der gesetzliche
Mindestabstand von 400 Metern zur Wohnbebauung - bei einem Neubau vorgeschrieben - gilt laut Bundesnetzagentur angeblich nicht, die den Bau der Höchstspannungsleitung zur Verwirklichung der
Energiewende vorantreibt: Denn Ultranet gilt laut dem dafür auferlegten Gesetz nur als "Ausbau" der bestehenden Trasse.
"Mir ist es wichtig, Ihnen zu signalisieren: Wir sind wach", so Landrat Cyriax, der berichtete, dass der Kreis bereits im Januar eine Stellungnahme zum Ultranet abgegeben habe. Aktuell wurde im Kreistag einstimmig die Einhaltung des bei einem Neubau vorgeschriebenen 400-Meter-Abstandes zur Wohnbebauung gefordert. Das geht den Aktiven der BIs allerdings nicht weit genug:
"Für uns ist das wichtigste Ziel die Erdverkabelung, die technisch ohne weiteres möglich ist und die gesundheitlichen Gefahren abmildern würde. Das zu befürchtende Dauerbrummen bei über 50
Dezibel bei warmen Temperaturen würde zudem völlig entfallen", betonte Karin Lübbers, Sprecherin der BI Wildsachsen und Langenhain. "Wir wollen mit all denen gleichgestellt werden, denen eine
Erdverkabelung versprochen wurde", machte sie klar. Der neue Innenminister Horst Seehofer habe als Bayerischer Ministerpräsident beispielsweise für Bayern erreichen können, dass alle
Höchststromleitungen erdverkabelt werden müssen. Die Konsequenz für das große "Aktionsbündnis Ultranet", dem mittlerweile 16 Bürgerinitiativen entlang der Strecke angehören: Eine Gesetzesänderung
muss bewirkt werden. Gespräche in Berlin haben bereits stattgefunden, wenn auch mit bisher wenig Erfolg.
Cyriax kündigte an, Kontakt zum Landrat des Rheingau-Taunus-Kreises, Frank Kilian, und zum bereits seit längerer Zeit gegen Ultranet aktiven Eppsteiner Bürgermeister, Alexander Simon,
aufzunehmen, um künftige Maßnahmen zu koordinieren. Auch an den Kosten der Rechtsberatung, die die Nachbarkommunen Idstein, Niedernhausen, Wallrabenstein und Eppstein bereits verpflichtet haben,
wolle sich der Kreis beteiligen, um die "Schlagkraft zu erhöhen" und von den Ergebnissen zu profitieren. Zudem werde zurzeit ein Schreiben des Kreises vorbereitet, dass sowohl an den Hessischen
Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir als auch an mehrere Bundestagsabgeordnete verschickt werden soll. "Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie mir Ihren Standpunkt deutlich gemacht haben", so Cyriax. "So
können wir unsere Argumente anpassen und schärfen."
Die Mitglieder der BI zeigten sich erfreut über die Bereitschaft des Landrats, unabhängig von Parteiinteressen Flagge zu zeigen. Landrat Cyriax versprach, in engem Kontakt mit den BIs zu bleiben. "Was wir tun können, werden wir tun", betonte er, auch wenn der Kreis nur über beschränkten Einfluss verfüge, da er keine Genehmigungsbehörde sei. Die Gesprächspartner waren sich einig, dass es vor allem wichtig sei, dass möglichst viele Bürger private Einwände einreichen, sobald die Offenlegungsphase begonnen hat. Diese wird in den Sommerferien erwartet.